Für den Namen der Stadt Idar-Oberstein steht neben den Edelsteinen und dem Schmuck in etwa gleichrangig der Spießbraten.
Der Fremde verbindet mit dem Glanz edler Steine und schmückendem Beiwerk den Duft des über dem Feuer gebratenen Fleisches, wie es in der Stadt seit über 100 Jahren zum Ritual geselliger Zusammenkünfte und vor allem zum ebenfalls schon zur Tradition gewordenen Spießbratenfest gehört. Die Geschichte beider „Symbole“ – der Edelsteine und des Spießbratens – stehen zudem in ursächlichem Zusammenhang.
Im Raume Idar-Oberstein befanden sich bekanntlich – und an vielen Stellen der Geschichte Idar-Obersteins eingehend erörtert – die Achatvorkommen, die jedoch nur einen gewisse Anzahl von Jahren den Bedarf der sich daraus entwickelnden gewerbezweige decken konnten. Als vor rund 150 Jahren die Steinfunde immer geringer wurden und die Qualität zudem zu wünschen übrig ließ, setzte eine große Auswanderung, zusammen mit den notleidenden Bauern des Hunsrücks, nach dem amerikanischen – insbesondere südamerikanischen – Kontinent ein.
Die Schleifer machten in Südamerika, wo sie ihr Brot oftmals als wandernde Musikanten verdienten, die Entdeckung, daß viele der auf den Landgütern herumliegenden Steine Achate waren, wie man sie in dieser Qualität in ihrer Heimat nicht fand. Sie lagen in ungeahnten Mengen in den einzelnen Flußbetten des Landes und auf der Sierra, im Gebirge. Sie brauchten nur aufgelesen und in die alte Heimat geschickt zu werden. Mit diesen Steinen und den zurückkehrenden Steinsuchern – die sich mit anderen Familienmitgliedern im Laufe der folgenden Jahrzehnte die Steinsuche teilten – kam auch der Spießbraten nach Idar-Oberstein, als Braten über dem offenen Feuer, so wie ihn die südamerikanischen Gouchos zubereiteten.
Was zuerst Alleingut der Schleifer in Idar-Oberstein war, hat sich heute dank seiner Beliebtheit nicht nur über den heimischen Raum, sondern über das gesamt südwestdeutsche Gebiet und darüberhinaus verbreitet. Hinter fast allen Häusern in Idar-Oberstein, sofern sie über ein freies Fleckchen Garten oder Hof verfügen,wird heute auf dem Rost oder am Spieß dafür geeignetes Rind- oder Schweinefleisch geröstet. Der Duft zieht durch die Gassen in die Nachbarschaft, wo man – so animiert – mit Schmunzeln den Beschluß faßt, am nächsten schönen Sonntag ein Gleiches zu tun.